Der Rassist, die Rassistin, Frau Zivilcourage und Ich…

Ich stehe vor der Theke der Kaffeeküche am Schottentor und möchte einen Eiskaffee bestellen. Die Mitarbeiterin macht mich auf die Liste aufmerksam, die an der Glaswand klebt. Links neben mir steht ein großer, sympathisch wirkender Mann mit Brille im Polohemd. Ich betrachte die Liste näher, um mir eine Sorte auszusuchen und schon geht eine, mir aufgezwungene, Unterhaltung los:

Rassist:                       Das ist nicht halal. (Er lächelt mich an)
Ich:                              Wieso soll das nicht halal sein?

(Ich bin verunsichert. Will er eine kurze Unterhaltung mit einem Scherz anfangen? Manchmal möchten Menschen einfach Smalltalks führen.)

Rassist:                       Kann ja sein, ich mache nur aufmerksam.

Ich:                             Ich glaube nicht, dass das nicht halal ist. Es ist nur Kaffee. (Ich überlege kurz wegzugehen, da ich mir vor den Mitarbeiter_innen sehr komisch vorkomme, doch dann entscheide ich zu bestellen.)

Frau Zivilcourage:     Was ist Ihr Problem? Können Sie die Dame bitte in Ruhe lassen, sie braucht Ihre Aufmerksamkeit nicht!

Ich:                              Danke schön, ich kann echt alleine Kaffee bestellen.

Rassist:                       Ich mache nur aufmerksam.

Rassistin:                    Sie bekommt sicher keine Aufmerksamkeit von uns. (Ist ganz verwundert und versteht nicht, wieso mir jemand beisteht.)

Ich:                             Bitte lassen Sie mich in Ruhe, ich brauche ihre Aufmerksamkeit wirklich nicht. Ich möchte mich jetzt nicht mit Ihnen plagen.

Rassist:                       WIR plagen UNS aber mit EUCH.

Der Rassist und die Rassistin murmeln noch vor sich hin und gehen weg. Endlich ist auch meine Bestellung fertig. Ich schnappe mir meinen Eiskaffee und eile zur Straßenbahn.

Meine Hände zittern, ich bin sehr aufgewühlt. Tränen drohen aus den Augen zu tropfen. Eigentlich bin ich viel tapferer. Heute bin ich´s nicht so ganz, liegt vielleicht auch an der Verkühlung, die an meinen Kräften zerrt. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass mir ein Rassist unbedingt seine Meinung aufzwingen wollte. Er hat mich dazu gezwungen, diese Unterhaltung mit ihm zu führen, nur damit er mir eins auswischen kann und  sich in seiner pervers-rassistischen Haltung befriedigt fühlt.

Ich denke an die Wiederholung der BP-Wahl, die im Herbst stattfinden soll und an ein blaues Ergebnis, dass mir kurz den Atem abschnürt. Ich denke an die rassistischen Übergriffe, die nach BREXIT in die Höhe schossen. Ich denke an die Mitarbeiter_innen, die nicht den Mut aufbrachten, den Rassisten nicht zu bedienen. Dann denke ich an Frau Zivilcourage und hoffe, dass sie auch anderen mit ihren 2 Sätzen den Rücken stärkt und in solchen Situationen eingreift. Während ich mich mit diesen Gedanken auseinandersetze, schreibe ich mit zitternden Händen den Alltag einer Muslimin nieder und komme auch schon dort an, wo ich hin wollte. Zu meinen Freundinnen, die der Aufgabe nachgehen werden oder besser gesagt müssen, mich wieder aufzubauen…

Wien, 12.07.2016

H.K.

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  1. Abdulhamit

    Wow. Unglaublich was einer Frau so passieren kann? :(. Als muslimischer Mann legt sich niemand mit einem an, ausser murmelndem alten Menschen an der Kasse passiert nix. Ich respektiere Menschen die jeden Tag so ein Alltagsrassismus ausgesetzt sind.

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